Abschied … von Michaela Seul
„Ich musste unsere Liebesgeschichte aufschreiben, damit ich sie loslassen konnte. Und als Luna starb, in meinen Armen, ohne Schmerzen, war es ein Trost für mich, dass ich sie ein bisschen unsterblich gemacht habe.“ (Michaela Seul)
Heute lesen wir von Michaela Seul und ihren Hündinnen Luna und Miss Lomax. Sie ist Schriftstellerin, Ghostwriterin und Bloggerin bei Flipper privat – ihrem Hundeblog und ihrer Bücherhütte in Tateinheit. Sie schreibt den ersten Artikel in unserer Reihe Abschied für länger: Das Leben, die Liebe und der Tod.
Wir wünschen Euch viele besinnliche Momente beim Lesen dieses bewegenden Artikels!
♥
Wie lang ist lang?
So lange ich selbst da bin.
Und wenn ich weg bin?
So lange andere sich an mich erinnern.
Und ich erinnere mich an meine Seelengefährtin Luna. Ich dachte, ich müsste einen total geklärten super eins-a Abschied hingekriegt haben, bevor ihre Nachfolgerin bei mir einzieht. Sonst würde ich vielleicht immer vergleichen. Ich hatte auch Angst: Ob ich das schaffe. Wann ist der richtige Zeitpunkt für den neuen Hund. Und wie das klingt. Der neue könnte ja auch ein alter sein. Also: Wann ist der richtige Zeitpunkt für den nächsten Hund. Ich wollte dem neuen Hundling unbeschwert begegnen. Ich wollte nicht mehr trauern. Aber was könnte auf eine Seelengefährtin folgen? Das kann doch nur schiefgehen! Was soll da nachkommen?
Es kam Miss Lomax. Und mit ihr kehrte das schöne Leben zurück.
Das sag ich seither all jenen, für die der Abschied für länger einer für immer zu werden droht, im Sinne, dass sie nie, nie, nie wieder einen Hund zu sich nehmen wollen, weil sein Tod ihnen das halbe Herz aus dem Leib gerissen hat und die Wunde auch nach Jahren noch nässt.
Wer kann einem Hundeblick aus tiefster Seele widerstehen? Ich glaube, dass auch ein weinendes Herz da ganz schnell trocknet. Und das ist ja genau genommen eine Folge des Abschieds für länger. Er führt zu einem Neubeginn.
Am Anfang vielleicht ein bisschen unsicher, holprig. Klar sagte ich in den ersten Tagen und Wochen hin und wieder: Wie Luna. Oder: Völlig anders als Luna.
Miss Lomax ist allerdings eine ganz andere Persönlichkeit, obwohl sie fast genauso aussieht.
Irgendwann habe ich aufgehört zu vergleichen. Irgendwann ist Luna in Miss Lomax aufgegangen. Ich Mensch, du Hund. Du trägst in dir alle Hundeseelen. Auch einen Teil meiner lieben Luna.
Ne, du musst nicht ihre Inkarnation sein. Du musst gar nichts sein. Bloß da.
Jetzt kennen wir uns schon drei Jahre und mit jedem Tag bist du tiefer in mich eingewachsen. Das macht mir keine Angst. Ich denke nicht, dass du einmal herausgerissen wirst. Wie soll das gehen? Du bleibst für immer. So wie Luna. Den Abschied für länger gibt es nämlich gar nicht. Erst recht nicht beim Wiedersehen. Da war das alles doch nur ein Wimpernschlag?
Ich habe immer gedacht, dass man das Andenken an die Toten bewahrt, ihre Vergangenheit bewahrt. Ich kann von Luna erzählen, was sie gerne machte – Napfreinigung, ballistische Ermittlungen –, wie ich auch Anekdoten von lieben verstorbenen Menschen erzähle. Als Überlebende bin ich die Hüterin ihrer Vergangenheit. So lange ich lebe, ist ihre Vergangenheit Teil meiner Gegenwart. Aber auch meiner Vergangenheit. Und die füttern wir jeden Tag an mit fetten Momenten. Ich schau da weder auf Kalorien noch auf die Uhr. Es gibt Gassis wie Sahnetorte und obendrauf zur Geschmacksverstärkung Essiggurken. Abends Chips auf dem Sofa und wo geknuddelt wird, fallen Haare, so ist es nun mal. Ich mäste die Gegenwart, und so wächst mein Speckgürtel für die Vergangenheit in der Zukunft, wenn der Abschied einmal nicht von heute Abend bis morgen früh, sondern ein bisschen länger dauern wird: einen Wimpernschlag.
(Alle Rechte am Text und den Fotos bei Michaela Seul)
Mit all diesen Gedanken haben mich vor nicht allzu langer Zeit auch beschäftigt. Und auch wenn dieser Beitrag Mut macht und schön geschrieben ist, mich nachdenklich stimmt, wird es hier wohl keinen Hund nach Socke geben… Ich wünschte ich könnte es anders sehen. Erklärungen würden den Rahmen sprengen. Insoweit bleibt es mir nur, die Zeit zu genießen, zu konservieren und inhalieren…
Viele nachdenkliche und traurige Grüße
Sabine mit Socke, die hoffentlich noch ganz lange an meiner Seite ist
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es gibt momente, die kommen mit diesen worten in mir wieder hoch und ich lasse dann auch meine tränen laufen, sie gehören meinen verstorbenen lieblingen und wie schön, wenn man dann alles so wunderbar in worte verfassen kann, wie eben michaela seul….DANKE dafür und leider kann ich keinen „pfotenabdruck“ hinterlassen, aber ganz liebe grüsse
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Fabelhaft gefabelschmiedet liebe Fabelschmiede, danke für den tollen Aufmacher!
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