Winter(speck), ade! … von Nadine Wolf

Heute beschäftigt sich Nadine Wolf von Mashanga Burhani – Der Barf Blog mit den Folgen der allgemeinen Weihnachtsvöllerei für unsere Hunde. Sie ist zertifizierte Ernährungsberaterin für Hund & Katze mit Schwerpunkt BARF  sowie Dozentin im Rahmen der Ausbildung zertifizierter Ernährungsberater bei Swanie Simon. Was bringt der Weihnachtsmann für Fiffi? Natürlich einen Fresskorb und zwar alle Jahre wieder … Das achtzehnte Türchen unseres Adventskalenders Wauzige Wuffnacht 2015.

Wer kennt es nicht? In der Weihnachtszeit ist für uns eine Zeit angekommen, in der Schlemmen angesagt ist. Alle Jahre wieder legen viele Zweibeiner in der Adventszeit das eine oder andere Kilo zu. Wenn im Advent, Advent, ein Lichtlein brennt, dann finden wie von Zauberhand Gänsekeule und Klöße ihren Weg auf unsere Teller und von da aus entweder häppchenweise direkt zwischen die Zähne des hungrigen Vierbeiners, der unter oder mit am Tisch sitzt oder später in den Napf. Und wenn in der Weihnachtsbäckerei eine Fülle von Plätzchen entsteht und der beste Freund des Menschen ganz lieb guckt – dann kann man einfach nicht widerstehen und ausnahmsweise bekommt der Hund dann auch mal einen Keks. Und wenn am Weihnachtsbaum die Lichter brennen, dann fragt man sich: Was bringt der Weihnachtsmann für Fiffi? Natürlich einen Fresskorb und zwar alle Jahre wieder!

Natürlich ist nichts dagegen einzuwenden, einen Hund zu verwöhnen. Gerade in der Weihnachtszeit, ist es vielen Besitzern ein Bedürfnis, ihren Tieren etwas Gutes zu tun. Nur muss man der Sache irgendwann einen Riegel vorschieben und die Figur des Gefährten im Auge behalten, denn die meisten Hunde haben ein großes „Problem“: Sie sind eigentlich immer hungrig. Gibt man jedem Betteln des Vierbeiners und jedem „hungrigen“ Blick ständig nach, so wird die Fellnase bald übergewichtig sein, denn ein Sättigungsgefühl wie wir Menschen es kennen, haben die meisten Hunde nicht. Und sein wir ehrlich – auch wenn es wenig festlich klingt, auch uns Menschen ist es ein wenig abhandengekommen, sonst wäre nicht jeder zweite Deutsche übergewichtig. Und das wird mehr und mehr zu einem Problem mit gesundheitlichen Folgen…

Übergewicht – ein Problem mit Konsequenzen

Fettleibigkeit, in Fachkreisen Adipositas genannt, ist die häufigste Form der Fehlernährung bei Hunden in Industrieländern. Bis zu 30 % der Tiere leiden unter Übergewicht, wobei am häufigsten Tiere zwischen 4 und 11 Jahren betroffen sind.

Was auf den ersten Blick ein rein optisches Problem zu sein scheint, hat aber für den Hund weitreichende Konsequenzen. Fettgewebe ist mehr als nur ein Energiespeicher. Die Fettzellen (Adipozyten) produzieren eine Reihe von Zytokinen und Hormonen, die entzündungsfördernd sind und bei vielen Erkrankungen eine Rolle spielen. Außerdem erhöht Fettleibigkeit den oxidativen Stress und begünstigt somit bestimmte Krankheiten. Angefangen von einer grundsätzlich verkürzten Lebenserwartung und metabolische Veränderungen wie Insulinresistenz, Glukoseresistenz, Fettstoffwechselstörungen, endokrinologischen Erkrankungen wie Diabetes, Cushing, Schilddrüsenunterfunktion, über funktionelle Störungen wie eingeschränkte Immunfunktion, Dystokie (gestörter Geburtsverlauf), Hitze- und Bewegungsintoleranz, Gelenkerkrankungen, Atemproblemen, Bluthochdruck und anderen Krankheiten wie Krebs, Harnwegserkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hauterkrankungen und Bauchspeicheldrüsenentzündungen sind die Risiken von Fettleibigkeit breit gefächert und für den Hund letztendlich lebensgefährlich. Bereits moderates Übergewicht führt zu gesundheitlichen Problemen (1).

shutterstock_65350915Aus einer lebenslangen Studie an 48 Labradoren ging hervor, dass Tiere, die 25 % mehr Futter bekamen, gegenüber der Gruppe von restriktiv gefütterten Hunden nur 11,2 Jahre alt wurden, während die andere Gruppe im Schnitt eine Lebenszeit von 13 Jahren erreichte. Die Blutfett- und Glukosewerte der übergewichtigen Hunde waren erhöht, sie litten frühzeitiger unter Gelenkerkrankungen oder anderen chronischen Krankheiten, wobei die Überlebenschancen in der Gruppe der restriktiv gefütterten Hunde signifikant höher waren. (2) Fettleibigkeit übersteigt also rein kosmetische Konsequenzen bei weitem und sollte daher gezielt vermieden und bekämpft werden. Auch wenn das Besitzerherz dabei blutet.

Die Ursachen von Übergewicht

Die mit Abstand häufigste Ursache für Fettleibigkeit bei Hunden ist eine dauerhaft positive Energiebilanz. Das bedeutet, dass das Tier laufend mehr Energie zu sich nimmt als es verbraucht. Und die Quelle dieses Problems ist ausnahmslos der Besitzer (oder dessen Umfeld). Ja, da muss man sich leider an die eigene Nase fassen und da helfen auch Ausreden wie „der bekommt doch schon kaum etwas zu fressen“ nicht weiter. Es ist nur in seltenen Ausnahmefällen (z. B. Tumorwachstum, Cushing) möglich, dass ein Hund immer weiter zunimmt, obwohl er „kaum Futter“ aufnimmt. Wenn ein Hund trotz Diät kein Gewicht verliert oder immer weiter zulegt, dann liegt es ganz einfach daran, dass der Hund zu viel Futter bekommt. Entweder, weil die Portionen allgemein zu groß sind, es nebenbei zu viel gibt (z. B. Leckerlis, Tischreste) oder der Hund eine weitere Futterquelle (z. B. Nachbarn) gefunden hat.

Häufig liegt es auch daran, dass der Hund aufgrund von Alterungsprozessen oder einer Kastration weniger Energie benötigt als vorher und der Besitzer die Anpassung der Ration verpasst hat.

Insgesamt ist es so, dass die Gewichtszunahme oft ein schleichender Prozess ist, der vom Hundehalter selbst gar nicht so wahrgenommen wird. Wer den eigenen Vierbeiner täglich sieht, stellt Veränderungen eben nicht so leicht fest oder beim Besitzer liegt allgemein eine verzerrte Wahrnehmung von dem vor, was aus medizinischer Sicht als Idealgewicht gelten würde.

Das Problem von Übergewicht bei Hunden beginnt also schon dabei, dass die meisten Hundehalter das Gewicht ihres Hundes vollkommen unterschätzen und ihn für idealgewichtig halten, obwohl er eigentlich übergewichtig ist. Das geht teilweise so weit, dass der Hund bereits stark fettleibig ist, die Besitzer aber felsenfest der Überzeugung sind, ihr Hund könne ruhig noch etwas zulegen. Mal Hand auf´s Herz und Stolz beiseite: Wem ist das schon passiert? Wer hat schon einmal gehört, der Hund sei zu dick? Dieser Hinweis ist verletzend, nicht wahr? Und genau an der Stelle beginnt der Ursprung des Problems. Die Besitzer nehmen Kritik an ihren Hunden persönlich. Das ist leicht nachvollziehbar, denn sie lieben ihre Hunde und wollen bei der Ernährung nichts falsch machen. Vorgeworfen zu bekommen, man würde den Hund „mästen“ und damit gesundheitliche Probleme provozieren tut einfach weh. Sowas will niemand hören. Aber manchmal haben die anderen eben Recht. Man sollte aber an dieser Stelle seinen Stolz über Bord werfen und versuchen, objektiv zu sein, auch wenn es schwer fällt. Wer sich nicht sicher ist, sollte einen Sachverständigen (Tierarzt, Tierheilpraktiker etc.) um Rat fragen und darum bitten, das Gewicht des Hundes zu beurteilen.

Was bedeutet eigentlich Idealgewicht?

Es ist bei Hunden aufgrund der Rassevielfalt und der unterschiedlichen Typen (z. B. Show- und Arbeitslinie) sehr schwierig, eine allgemeine Richtlinie für das Idealgewicht zu geben. Was bei einigen Rassen wie z. B. Windhunden als normalgewichtig eingestuft wird, würde bei anderen z. B. Englische Bulldogge als untergewichtig gelten. Manchmal spielen auch (teils fragwürdige) Trends im Ausstellungs- und Zuchtwesen eine Rolle.

Mal ganz unabhängig von derartigen Tendenzen gilt ein Hund als übergewichtig, wenn sein Körperfettanteil mehr als 15–20 % beträgt oder sein Gewicht 10–20 % über dem Idealgewicht liegt. Das sind allerdings Werte, mit denen ein normaler Hundehalter nichts anfangen kann. Wer kennt schon den Körperfettanteil seines Hundes? Von daher eignet sich grundsätzlich folgende Richtlinie:

Ein Hund ist dann idealgewichtig, wenn Rippen, Becken und Wirbelsäulenknochen nicht sichtbar, aber leicht tastbar sind, der Hund über eine gut sichtbare Taille verfügt und ein gewisses Maß an Unterbauchfettgewebe vorhanden ist. Leicht tastbar bedeutet übrigens, dass man mit einer leichten Berührung der Haut die Rippen etc. fühlen kann – also ohne erst nach ihnen durch eine zentimeterdicke (auch 1 cm ist ein cm) Fettschicht hindurch „zu graben“. Etwas schwieriger ist das bei Rassen mit dichtem Fell, aber auch dort gilt im Prinzip das Gleiche.

Die folgende Grafik gibt einen Überblick:

Grafik

(Alle Rechte am Text, am Foto und an der Grafik bei Nadine Wolf)

Vielen lieben Dank an Nadine Wolf für diese lehrreichen und interessanten Ausführungen.

Das neunzehnte Türchen unseres Adventskalenders öffnet morgen die Künstlerin Mara Djalayer. Unter ihrem Künstlernamen Aram betreibt sie gemeinsam mit Dobermann-Mädchen Abra das Hundeblog und Künstlerportal Aram und Abra. Wir freuen uns auf eine tolle Story und viele Zeichnungen aus Maras Feder …

Das Barf-Buch von Nadine Wolf (mit Klick auf’s Cover) und eine sehr schöne Rezension dazu von Anke Jobi auf Lucies Hundefutterblog.

(1) Hand, M. S. et al. (2010): Small Animal Clinical Nutrition, fifth Edition

(2) Kealy, R. D. et al. (2002): Effects of diet restriction on life span and age-related changes in Dogs